Wie baue ich mir ein Geschäftsmodell?

Werte Leserinnen und Leser,

weitgehend unbeachtet hat dieser Tage eine fragwürdige Organisation namens VG Wort – das VG steht für Verwertungsgesellschaft – Klage gegen google, 1&1 und yahoo eingereicht. Klagegrund: die Nichtinanspruchnahme des Leistungsschutzrechts durch die drei Vorgenannten.

Zur Erinnerung: im vergangenen Jahr schaffte es die Springer-Lobby, ein überaus unnützes Gesetz verabschieden zu lassen. Demnach sollten zukünftig google und andere Internetanbieter zahlen, wenn in ihrem Suchindex oder in ihren Nachrichten-Aggregatoren kurze Ausrisse von Artikeln deutscher Zeitungen erscheinen. Der Grund hierfür sind natürlich die 47 Milliardem Dollar Barschaft, auf denen google derzeit sitzt – bei den Verlagen sieht es dazu im Vergleich geradezu mau aus.

Also hat man der Politik – hier insbesondere der CDU und ihrem Verantwortlichen Eckhardt von Klaeden, dessen Bruder Dietrich als Springer-Lobbyist sein Geld verdient – ein Gesetz diktiert, in dem nun alles, was über ein paar Worte hinausgeht, zahlungspflichtig ist. Die Definition, was denn nun genau „ein paar Worte“ sind, hat man gleichwohl den Gerichten zur Entscheidung überlassen.

google – ein Weltkonzern, der sich einzig in Deutschland einem derart seltsamen Gesetz gegenüber sieht, bot den Verlagen daraufhin einen Vertrag an: „Erklärt Euren Verzicht auf Zahlungen. Ansonsten übernehmen wir keine Texte mehr von Euch.“Die Verlage akzeptierten – bis auf weiteres.

Nebenbei begannen sich einige von ihnen, darunter Springer und Burda, in der oben erwähnten VG Wort zu organisieren. Die wichtigen Portale der FAZ, der Süddeutschen, von Spiegel Online und heise blieben der VG Wort jedoch fern.

Und nun hat die VG Wort Klage erhoben mit einer Begründung, die an Absurdität nicht zu überbieten ist: google habe eine Marktmacht von 90% (was lediglich heißt, dass 90% der Bürger google als Suchmaschine nutzen) und sei damit kartellrechtlich verpflichtet, das Leistungsschutzrecht in Anspruch zu nehmen. Übersetzt heißt das, google wird gezwungen, die deutschen Verlage im Index zu behalten und soll gleichzeitig zahlen.

Liebe Verlage: Deutschland mag auch für google ein wichtiger Markt sein. Aber Ihr seid kein wichtiger Partner. Wenn Ihr Euer Geschäftsmodell nicht so aufbaut, dass Ihr Euer eigenes Geld verdient, dann bleibt nur eins: Sterbt!

Speziell der Springer-Verlag, der seine besten Köpfe ein halbes Jahr nach Silicon Valley geschickt hat, um nach neuen Geschäftsmodellen zu forschen, sollte doch inzwischen begriffen haben, was die (europäische) Welt tatsächlich brauchen könnte: nämlich eine NSA-freie, europäische Suchmaschine oder NSA-freie email-Zugänge mit Ende-zu-Ende-Verschlüsselung. Oder gar ein europäisches, verschlüsseltes TOR-Netz.

Aber wer Kommentatoren wie Julian Reichelt beschäftigt – dieser Herr ist nach wie vor überzeugt, dass Snowden ein Verräter ist – wird sich wohl kaum für unsere Freiheit engagieren. Lieber hält man für den eigenen BILD-„Qualitätsjournalismus“ die Hände auf.

Es grüßt herzlich

Ihr JL7

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