Der finale Prototyp weist nun die folgenden Eigenschaften auf:
- Die Endverstärker für x- und y-Ablenkung wurden an die hohe Empfindlichkeit von unter 10V/cm der Röhre angepasst: Hier wurden gegenüber dem Original von Thiem/Ittner insbesondere die Kollektorströme erhöht und die Ablenkung damit etwas unempfindlicher. Sie kann auf diese Weise aber höhere Frequenzen verarbeiten. Eine HF-Optimierung wurde nicht durchgeführt, weil die Ablenkfrequenzen nicht in derart hohe Bereiche kommen und die Röhre mit ihrer Eigenkapazität sowieso nicht schnell genug folgen kann. Auslenkungen bis SVGA (37,6 kHz Zeilenfrequenz) sind gerade noch möglich. Diese Anpassung ist allerdings röhrenspezifisch.
- Wesentlich verbesserte Helligkeitsregelung: In der Original-Ittner-Schaltung findet sich hierzu eine einzige Stufe mit einem HF-Leistungstransistor, der einen erheblichen Spannungshub zur Aussteuerung benötigt. Die Stufe wurde HF-optimiert; außerdem wurde eine zweite Vorverstärkerstufe mit einem Kleinsignaltransistor (BC548) eingebaut, die ebenfalls HF-optimiert ist. Der Videoeingang tastet bei GND-Signal dunkel und verarbeitet nur Wechselspannung; man kann das Bild also nicht einfach dauerhaft per Gleichspannung dunkel tasten, wie das bei der EE2007-Röhre an ihrem Pin 8 geht. Mit den genannten Optimierungen sind Frequenzen über 4MHz darstellbar – damit geht der Videoeingang weit über die 2MHz-Grenzfrequenz des EE2007-Originals hinaus. Das ist auch notwendig, wenn man mit größeren Röhren noch ein angenehm scharfes Bild erzielen möchte. Der Kontrast ist über einen Regler einstellbar.
- Verbesserte Bildstabilität durch Nutzung von stabilisierenden Z-Dioden. Damit ist die Bildhelligkeit nun in weiten Stufen veränderbar, ohne die Bildlinearität zu beeinflussen.
- Gleichspannungsaussteuerung – die Ablenkverstärker können dauerhaft auf Positionen abweichend des Nullpunkts gefahren werden. Die Original-BRE lässt aufgrund ihres Konstruktionsprinzips nur Wechselspannungsansteuerung zu – dort kehrt der Leuchtpunkt bei Auslenkung mit einer Gleichspannung sofort wieder zum Nullpunkt zurück.
Mit diesen Verbesserungen wurde nun eine einseitige Platine der Größe 10x15cm entworfen, die weite Massefelder vorsieht und nur wenige Drahtbrücken benötigt. Bei einer professionellen Version werden diese Brücken als Durchkontaktierungen einer zweiseitigen Platine ausgeführt. Hier wird auch ein noch größeres Massefeld vorgesehen, was zu einer weiter verbesserten HF-Festigkeit führen sollte.
Wie sieht das ganze nun aus? Lassen wir Bilder sprechen, ehe es zur Schaltungsbeschreibung geht. Die Bilder sind nachbearbeitet – ich habe ihnen die Farbe entzogen. In Wirklichkeit schimmern alle Bilder in einem blau-grau, wie man es im Titelbild oben erkennen kann.
Im Testbild sieht man in der Mitte ein Streifenmuster, das in fünf Feldern die Frequenzen 1MHz, 2MHz, 3MHz, 4MHz und 5 MHz enthält. Bis 4MHz ist alles gut getrennt erkennbar, erst bei 5MHz wird es matschig. Es gibt noch ein paar Geisterbilder, die aber verschmerzbar sind. Am rechten Rand kann man in der Mitte beim Übergang von weiß zu schwarz noch eine Verzerrung erkennen – da bricht offenbar die negative Spannung immer noch ein bisschen ein.
Die Helligkeitsunterschiede zwischen links und rechts sind eine Folge meines strahlungsverseuchten und mit Metall durchsetzten Arbeitszimmers. Die Unterschiede verschwinden, sobald die Röhre frei steht.
Soweit zum Prüfmuster-Testbild. Aber wie schaut es in der Realität aus? Dazu zwei Standbilder aus „Raumpatrouille“ im Schwarz-Weiß und einer Spiegel-DVD über Willy Brandt in Farbe, beides über einen DVD-Player zugeführt. Das Videosignal wird dabei direkt dem Composite-Video-Kabel entnommen und dem Eingang des Videoverstärkers zugeführt.
Man erkennt Details auf den Gesichtern, kann Schriften lesen, und die Bauten im Hintergrund von Herrn Schönherr und Frau Pflug sind auch gut erkennbar. Wenn nur die Röhre noch etwas heller wäre! Und weniger nachleuchtend!
Damit wären wir bei den Nachteilen, die aber beide nicht von der Schaltung, sondern von der benutzten Röhre herrühren:
- Die Helligkeit im Vollbildmodus ist nicht überragend. Im Halbdunkel lässt sich gut fernsehen, und man erinnert sich dann, wie es in den 60ern und 70ern war, wenn der damalige Fernseher von der Sonne beschienen wurde. Im hellen Raum mit Sonnen-Tageslicht sieht man praktisch nichts – auch mit 3kV Nachbeschleunigungsspannung, und mehr wollte ich hier nicht verantworten. Die Röhre ist nun einmal für Oszilloskop-Zwecke gedacht – und dort ist sie auch hell genug.
- Die Nachtleuchtdauer ist bei bewegten Bildern irritierend. Es entsteht an den Stellen mit Bewegung ein gelblicher Nikotin-Schleier auf dem bläulichen Bild, der verschwindet, sobald das Bild wieder ruht. Lutz beschreibt die Röhre so: „Ganz besonders nicht [geeignet] für modernere Filme, die mit extrem schnellen Schnitten und heftigen Schwenks etc. keinen kontemplativen Moment der Ruhe ermöglichen… „. Dem ist nichts hinzuzufügen. Mit anderen (grünen) Röhren wird das allerdings besser aussehen.
Zum Schluss dieses Kapitels noch ein Blick auf den Gesamtaufbau.
Rechts im Bild ist die Bildröhrenplatine mit der Hochspannungsversorgung (Mitte links), dem Schaltungsnetzteil (links unten), dem Videoverstärker (rechts unten), den Ablenkverstärkern (oben) und den Ablenkungsvorverstärkern (rechts im oberen Teil).
Links finden sich die Platinen für die PAL-VGA-Zeilenraster-Erzeugung (oben) und die ScopeClock mit dem Umschalter für mehrere Eingangssignale (unten). Unterhalb der Platinen schimmern zwei grüne Platten durch – das sind die Hochspannungskaskaden, an deren Ende dann 3kV für die Nachbeschleunigung zur Verfügung stehen. Rechts im Bild schimmert blau die Rückseite des Bildschirms, die man von oben einsehen kann.
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