Universelle Bildröhreneinheit

Einleitung

In den vergangenen Jahren wurde ich hier und auch in diversen Foren regelmäßig gefragt, warum ich nicht auch einmal die Bildröhreneinheiten nachbauen wollte. Nun, ich wollte nicht, weil einerseits so ein Nachbau alter Röhrentechnik keine Verbindung zu neuer Technik schafft und somit nicht mein Ziel ist, und weil zum anderen die nachgebaute Röhre dann wenigstens in einem ebenso attraktiven durchsichtigen Gehäuse Platz finden sollte wie das Original – dazu sah ich mich nicht in der Lage.

Inzwischen hat sich die Lage ein wenig geändert. Auf ebay werden Röhren und ganze EE2007-Kästen zu exorbitanten Preisen angeboten – da musste es doch eine Möglichkeit geben, das ganze auf Basis heutiger Bauteile einfacher zu produzieren. Und zudem habe ich einen Hersteller bzw. Anbieter von edlen Plexiglasgehäusen gefunden. Damit war der Anreiz gegeben, und los ging es.

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Solche Großprojekte machen im Team meistens mehr Spaß, also fand ich zwei kompetente Mitstreiter aus dem rigert-Forum, Lutz und Beat aka „Bambini“. Beide haben Erfahrung mit Bildröhrentechnik, und zu dritt haben wir das Projekt „universelle Bildröhreneinheit“ gestartet. Die folgenden Seiten dokumentieren den Fortschritt und die Ziele der Arbeiten.

Ziel des Projekts

Wie bereits erwähnt, sollte am Ende des Projekts kein Nachbau einer bestehenden Bildröhreneinheit stehen, sondern etwas Neues, einfach Nachzubauendes, das zudem auch noch gut aussieht. Wir beschlossen daher, einige Kompromisse zu machen bzw. nicht zu machen:

  • Bildröhrentyp: Wir wollten uns nicht auf eine bestimmte Röhre festlegen. Es schien sinnvoll, Oszilloskopröhren mit 6,3V-Heizung und Ablenkplatten zu verwenden, aber selbst das ist keine zwingende Voraussetzung. Die folgenden Beispiele nutzen aber ausschließlich solche Röhren. Die DG7/32 der Original-Bildröhreneinheit des EE2007 gehört zu dieser Kategorie. Die kleine Spielzeugröhre D5-100 aus dem Schuco-TV-Lab hingegen hat eine Heizspannung von weniger als einem Volt und bleibt daher außen vor. Mein persönlicher Wunsch war, eine rechteckige Röhre zu bekommen – und damit auch ein größeres Bild.
  • Spannungsversorgung: Die Original-Bildröhren haben eine Batterie-Spannungsversorgung. Im Sinne der Nutzung als Kinderspielzeug ist das richtig. Aber wir befinden uns hier unter Erwachsenen, daher sollte eine Bildröhreneinheit mit eigenem Netzanschluss und eigenem Trafo im Bereich des Möglichen sein. Das schont die Umwelt (weniger leere Batterien) und vereinfacht die Konstruktion an vielen Stellen, wie noch zu zeigen sein wird.
  • Hochspannungserzeugung: Niemand wickelt gerne Spulen. Daher lag es nahe, hier auf alternative, am besten bereits existierende Verfahren zurückzugreifen, um die Hochspannung zu erzeugen.
  • Erweiterungsmöglichkeiten: natürlich sollte eine solche Bildröhreneinheit die üblichen Eingänge für x- und y-Ablenkung sowie eine Helligkeitssteuerung bieten. Aber warum nicht auch gleich höherwertige Signaleingänge wie Composite Video, VGA und SVGA? Bei der Aufrüstung der alten Bildröhreneinheiten zeigte sich bereits, wie einfach das zu bewerkstelligen ist – und inzwischen hat sich mein Wissen um Mikrocontrollertechnik weiterentwickelt, so dass hier ein funktionales Upgrade zu erwarten war.

Evaluationsphase…

Es war nach kurzer Diskussion klar, dass man sich an bestehende Konzepte anlehnen sollte. Davon waren mehrere verfügbar:

  • Die Schaltung der EE2007-Bildröhreneinheit (die in vielen Teilen in der Schuco-BRE wiederzufinden ist) ist kein schlechter Ansatz und bereits erprobt. Sie hat allerdings den Nachteil der neu zu konstruierenden Hochspannungsversorgung.
  • Lutz hatte bereits Erfahrungen mit der Nutzung von Netzteilen für Kaltkathodenröhren. Diese benötigen zum Betrieb eine Hochspannung, die zum Betrieb von Bildröhren genutzt werden kann.
  • Das ScopeClock-Projekt von Sascha Ittner implementierte eine Uhr auf einer Oszilloskopröhre und versprach große Flexibilität, da man die Röhre relativ frei wählen kann. Es ist in allen Teilen erhältlich im Shop von Jan Wüsten und wird technisch betreut von thiem-work. Das Projekt ist gut dokumentiert und sehr einfach aufgebaut.

Mir gefiel am ScopeClock-Projekt insbesondere, dass man dort die Hochspannung auf ganz einfache Weise aus einer zusätzlichen Sekundärwicklung des Netztrafos gewinnt. Außerdem werden auch Röhren unterstützt, die eine Nachbeschleunigungsspannung benötigen. Das ist zwar kein exklusives Konzept, aber hier wurde das Thema im Komplettpaket behandelt.

Bliebe noch zu erwähnen, dass Jan Wüstens Shop auch den speziellen Netztrafo und ein Gehäuse aus Plexiglas in mehreren Größen anbietet. Die EE2007-BRE nutzt ein Polystyrol-Gehäuse – Plexiglas glänzt stärker und sieht noch einmal ein paar Nummern edler aus.

Damit war der erste Lieferant gefunden – ein Bausatz samt aller erforderlichen Teile und einer rechteckigen Röhre vom Typ D10-191GH wurde bestellt und traf innerhalb von einer Woche in einer Riesenkiste bei mir ein.

Es folgten einige Versuche mit Testaufbauten, die letztlich zur vierten und letzten Iteration der Platine geführt haben. Die Einzelheiten finden sich auf Unterseiten:

… und das Ergebnis

Die folgenden Unterseiten zeigen nun, was aus der Schaltung und den Röhren herauszuholen ist; außerdem folgt eine detaillierte Schaltungsbeschreibung:

Bestückungsliste zum Download

Fazit

Die entwickelte Schaltung zeigt einiges Potenzial. Nach dem Aufbau der ersten Einheit war es einfach, die nötigen Berechnungen für die zweite Variante zu machen – und sie funktionierte fast auf Anhieb. Beide Röhren bilden zudem Extreme ab – die D10/191 hat eine äußerst empfindliche Auslenkung, die DG7/32 hingegen einen deutlichen Stromhunger.

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Eine dritte, die D8/11 funktionierte mit den Standardeinstellungen, zeigte aber Empfindlichkeiten durch Einstrahlungen des Trafos – auch das konnte gelöst werden. Für drei Röhren liegen jetzt Lösungen vor, so dass wir gute Chancen auch für andere Röhren sehen, die eher im Mittelfeld der beiden liegen.

Mit dem PAL-Modul liegt auch ein Eingangsquellendecoder vor, der Composite-Video auf sehr einfache Weise stabil aufbereitet die Bildröhreneinheit um eine interessante Verwendungsmöglichkeit erweitert.

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13 Antworten zu Universelle Bildröhreneinheit

  1. DG7-32 sagt:

    Hallo,

    klasse das Ihr gemeinsam an solch ein Projekt arbeitet. Habt Ihr denn schon Bilder von dem Projekt?

    Hier der Link von einer Eigenentwicklung: http://www.youtube.com/watch?v=6_RugYi8sIo

    Eines solltet Ihr noch wissen, 1500 Volt mit den Widerstandketten zur Einstellung der Bildlage nach dem EE2007 Vorbild macht keinen Sinn. Die Widerstände werden sehr heiß und es wird nur Leistung verbraten.

    Ihr seid doch Spezialisten wie Du schreibst, aber warum habt ihr denn damit Probleme??

    DG7-32

    • JeanLuc7 sagt:

      Hallo und Grüße nach Overrath!

      das DG7/32-Video kannte ich noch nicht – gibts da also neues aus deiner Ecke?

      Ich habe ein paar Bilder eingestellt und auch ein paar Zeilen zur Hochspannung geschrieben – siehe oben. Die 220V-Sekundärwicklung des Trafos nimmt der Hochspannungserzeugung aber sowieso einen Großteil ihrer Schrecken – man muss hier lediglich einen Mehrfach-Spannungsteiler entsprechend dem Datenblatt der gewünschten Röhre berechnen, und dann läuft das ganze Out-of-the-box.

      Grüße, JL7

  2. DG7-32 sagt:

    Hallo,

    schaut doch gut aus.

    Habt Ihr denn schon ein Video von dem Projekt gemacht und ein Fernsehbild eingespeisst.??

    DG7-32

  3. Lutz sagt:

    Moin moin auch von mir!

    JL7, danke für die Zusammenfassung des derzeitigen Standes! Schön geschrieben!
    Probleme sind halt dazu da, sie zu lösen.

    DG7-32: Die Bildlage wird hier mitnichten „weich“ über hochohmige Widerstände eingestellt wie bei Schuco rsp. Philips, konzeptionell folgt das hier natürlich höherwertigen Anwendungen wie auch in diversen Oszilloskopen und wie auch die Scope-Clock es verwendet. Das sind Differenzverstärkerstufen, auch als „long tailed pair“ bekannt und selbstverständlich über eine stabilisierte Spannung betrieben. Das bringt den grossen Vorteil mit sich, dass sie direkt mit DC gesteuert werden können und jegliche Probleme mit Koppelkondensatoren dadurch nicht entstehen können. Und selbst bei der Lageeinstellung nach Schuco und Philips kann da auch nichts heiss werden. Fühlt sich höchstens „heiss“ an, wenn man unter Spannung dranfasst. Die Leistungsbeaufschlagung dort beläuft sich auf 1200V rsp. 800V und 15MOhm rsp. 10MOhm. Die daraus errechenbare Leistung ist selbstverständlich noch innerhalb aller Spezifikationen.

    Die Widerstandskette für die Bildröhrenelektroden folgt auch üblichen und teils sogar empfohlenen Dimensionierungen, die häufig um die 2kOhm pro Volt, ergo 0,5mA Last für die Hochspannungserzeugung bedeuten. Üblicherweise sind die Leistungsaufnahmen der Röhrenanschlüsse dagegen viel geringer, sodass eine für Alltagsbetrieb ausreichende Stabilität der Hochspannung gesorgt ist. Lediglich sehr anspruchsvolle Konzepte rechtfertigen den Aufwand, Teilspannungen der Hochspannungsseite noch leistungsfähiger zu gestalten und sie einzeln zu stabilisieren. Das wäre hier des Guten zuviel, denn wir bauen kein Scope jenseits der -zig MHz Bandbreite oder spektrale Analysatoren. Da wird das wichtig, hier nicht. Auch die evtl. je nach Röhre hier benötigte Nachbeschleunigungsspannung erfordert keine wirkliche Lastfestigkeit; sie dient der Erhöhung der Helligkeit des Schirmbildes wobei üblicherweise ein Innenwiderstand der Röhre im -zig Gigaohmbereich zu ihrem korresponierendem Anschluss, der letzten Anode besteht. Sowas steht dann auch im Datenblatt.

    Dass bei übertrieben hellen Schirmbildern die Hochspannung etwas einbricht und dadurch der Ablenkfaktor etwas ansteigt und auch die Schärfe etwas leiden kann, ist definitiv hinnehmbar für das Konzept.
    Im Regelfall der Anwendungen passiert das auch nicht.

    Ein Videosignal einzuspeisen, macht ja auch erst Sinn, wenn die Ablenkgeneratoren „stehen“, oder nicht? Da arbeiten wir gerade dran.

    Gruss Lutz

  4. DG7-32 sagt:

    Hallo Lutz,

    ich wollte einmal höfflich nachfragen, was dein Fernsehprojekt mit der D5-100 Bildröhre von der Firma Telefunken macht. Dein letzter Beitrag ist vom 27.03.2013 im Philips Experimentierkastenforum.

    Wolltest Du nicht einen Fernseher bauen.?

    Dein Hochspannungsnetzteil ist doch ein Nachbau oder habe ich das falsch verstanden.????

    DG-32

  5. Ingo63 sagt:

    Hallo Frank,
    klasse, ich scharr schon mal mit den Füssen.
    Da bin ich auf jeden fall dabei.
    Falls du noch Infos zu dem Platinenlieferanten brauchst, kann ich dir diese gern noch geben. Mein Ansprechpartner ist ein deutscher in China und hat auch noch den gleichen Nachnamen wie ich.

  6. Lutz sagt:

    Hallo Ingo!

    Wir haben uns schon amüsiert über die „kleinizität“ der Welt, von wegen der Platinen und diverser paralleler Gedankengänge. Hab positive Erfahrung mit dem Exilanten dort gemacht! Der hat mich wegen eines Fehlers (Lötstopplack auf einer Multiplexanzeige für Siebensegmentanzeigen) mit Bildschirmcopy angemailt. Korrigiert, produziert, astrein!

    Gruss Lutz

  7. DG7-32 sagt:

    Wenn das alles so einfach ist wie Du geschrieben hast, frage ich mich gerade, warum Ihre Profis, so große Probleme habt dieses kleine Projekt auf die Beine zu stellen. Immerhin arbeitet Ihr mit mehreren Leuten an diesem Projekt. So wie Du selber geschrieben hast.

    Ich möchte hier keine Unruhe verbreiten oder Leute verärgern. Aber ich mag es keines falls, wenn Leute Projekte nachbauen und schreiben wie einfach doch alles ist. Oder selber keine eigenen Projekte auf die Beine stellen.

    Ich habe persönlich nichts dagegen wenn Leute Projekte nachbauen, aber bitte ich diese Leute die Arbeit von anderen nicht schlecht zu reden mit den Worten. „Diese Schaltung ist doch sehr einfach gehalten“. Denn das mag ich persönlich überhaupt nicht.

    • JeanLuc7 sagt:

      Salut,

      bitte keine Grundsatzdiskussionen über das Für und Wider von Nachbauten führen. Nicht jedes Projekt hat das Ziel, die Elektronikwelt in neue Sphären zu führen.
      Ziel dieses Projekts ist es, eine möglichst universelle und nachbausichere Schaltung zu haben, die mit mehreren Bildröhren funktioniert, indem man einfach eine Widerstandskette umdimensioniert. Das „einfache“ Thiem-Ittner-Projekt bietet hier eine gute Ausgangslage, weil es Hochspannung und Ablenkverstärker gut trennt und auch für Laien gut verständlich – einfach – ist.
      Ich habe ehrlich gesagt überhaupt keine Hemmungen, Projekte nachzubauen oder Ideen aus anderen Projekten weiterzuverwenden – und die Quellen zu nennen. Ich habe auch kein Problem, jeden meiner Schritte zu dokumentieren und auch Einblick in alle Teile der hier genutzten Schaltungen zu gewähren. Wenn jemand meine Schaltungen kopiert, freue ich mich darüber.

      Als „Profi“ im Hinblick auf Röhrentechnik würde ich mich aber nicht bezeichnen. Ich habe mich in das Gebiet vorgetastet und mit jeder Iterationsstufe mehr gelernt. Die aktuelle, dritte Version ist nun soweit, dass eine Kleinserie mit professioneller Platine in Reichweite ist.
      Grüße, JL7

  8. DG7-32 sagt:

    Hallo und besten Dank für Ihre Ausführungen.

    Gibt es denn schon einen Schaltplan zu Ihrem Projekt?

    Mit freundlichen Grüßen

    DG7-32

  9. DG7-32 sagt:

    Hallo,

    kann es sein, dass die Bildröhre nur mit einer Hochspannung von insgesamt 600 Volt betrieben wird.

    Denn das würde erklären, warum dass Bild doch sehr dunkel und unscharf ist.

    Warum baut Ihr denn keinen Gleichspannungswandler der 2000 Volt erzeugt, dann klappt es sicherlich auch besser mit dem Bild.

    Denn so überzeugt das Projekt nicht.

    Allles Gute

    DG7-32

    • JeanLuc7 sagt:

      Salut,
      die verfügbare Hochspannung beträgt maximal 850V zwischen Wehnelt-Zylinder und Anode – bis zu 1150V wären mit einer kleinen Änderung drin. Das Datenblatt zur Röhre D10-191 gibt an dieser Stelle aber nur ein Delta von etwa 600V an, und danach wurden auch die Spannungsteiler berechnet. Das stimmt soweit – das Bild kann mit den Reglern sehr scharf und sauber eingestellt werden. Ein wenig zu gering ist hingegen die Nachbeschleunigungsspannung; diese beträgt nur ca 2100 statt der im Datenblatt geforderten 3000V – das ist das absolute Minimum der im Datenblatt genannten Werte. Da ließe sich noch etwas machen. Derzeit sind zwei Kaskaden zur Erzeugung der Nachbeschleunigung im Einsatz, eine dritte würde dann etwa 3000V bringen.
      Möglich, dass ich hier noch optimiere; grundsätzlich bin ich mit der maximalen Helligkeit aber nicht unzufrieden. In den Bildern ist die Röhre immer abgeregelt, weil man sonst nichts erkennen würde.
      Grüße, JL7

  10. Hubert sagt:

    Hello, I want to build scope clock and a while ago I saw your device. It’s more then just a clock but that is even better. Is it possible to share with me nessesary files in order to make a copy of it? I couldn’t find any direct e-mail, so I am writing this here, hoping to get a reply back.

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