Liebe Damen und Herren von der schwäbischen FDP,
mit Interesse habe ich Ihren Brief an Ihren Parteivorsitzenden, den amtierenden Außenminister Westerwelle, gelesen. Da schreiben Sie:
Helfen Sie der Partei unter Zurückstellung persönlicher Interessen und jeder ‚Bunkermentalität‘ aus dem Tief.
Das gefällt mir, denn Bunkermentalität ist noch nie hilfreich gewesen. Ihr weiterer Vorschlag lautet aber, Westerwelle solle spätestens beim Dreikönigstreffen der FDP ankündigen, künftig nicht mehr für den Parteivorsitz kandidieren zu wollen. Stattdessen solle er seine gesamte Arbeitskraft lieber dem Außenministerium und der Vizekanzlerschaft widmen.
Das verrät nun ein sehr seltsames Bild vom Staatsverständnis der baden-württembergischen FDP. Wenn ich Ihre Worte richtig verstehe, raten Sie Ihrem überforderten Chef, die wichtige Aufgabe des Parteivorsitzes lieber anderen zu überlassen, die das besser können. Für die eher einfachen Ämter des Vizekanzlers und Außenministers halten Sie Westerwelle jedoch nach wie vor für tragbar.
Ich hoffe, Ihnen ist bewusst, dass Deutschland zunächst von einer Regierung und dann von Parteien regiert wird. Die logische Konsequenz daraus wäre, Westerwelle vom Außenamt abzuziehen und ihn seinen Job als Parteivorsitzender machen zu lassen, wo er innere Opposition für die Koalition spielen könnte. Das wäre genau der Job, den er bereits seit elf Jahren erfolgreich beherrscht. Vielleicht zeigt er dabei zugleich Horst Seehofer, wie man diese Rolle richtig ausfüllt?
Liebe Schwaben, bitte überlegen Sie sich Ihren Vorschlag noch einmal und wenden Sie Schaden vom Land ab – die FDP kommt erst an zweiter Stelle.
Herzlichst,
Ihr JeanLuc7
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Nachtrag: Während der Chef des Meinungsforschungsinstituts Forsa, Manfred Güllner, in der ZEIT Herrn Westerwelle ebenfalls zu einem Rückzug vom Außenamt rät, attestiert ihm der Vizepräsident des niedersächsischen Landtags, Hans-Werner Schwarz, er gebe „als Außenminister eine gute Figur ab“. Eine Wahrnehmungsstörung?