Warum nicht gleich foltern?

Werte Leserinnen und Leser,

Jörg Ziercke, der Chef des BKA und zugleich einer der größten Anhänger der Totalüberwachung in Deutschland, hatte in dieser Woche wieder seinen alljährlichen großen Auftritt. Bei der Bei der Vorstellung des Lagebildes Cybercrime 2013 forderte er die Deanonymisierung von Tor-Nutzern und – natürlich – zum wiederholten Mal die Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung.

Inzwischen frage ich mich, warum er nicht gleich die Wiedereinführung der Folter bei behördlichen Verhören fordert. Die Resultate der Amerikaner in Guantanamo und einigen anderen versteckten Orten, beispielsweise in Ägypten und Polen zeigen, dass simuliertes Ertränken und Schläge durchaus einiges bewirken können. Und nicht zuletzt ist Folter viele Jahrhunderte ein probates Mittel der Kirche gewesen, treffsicher Abtrünnige, Hexen und Ketzer zu identifizieren. Mir ist aus dem Mittelalter kein Fall bekannt, der zur Freilassung des Delinquenten geführt hätte.

Sie finden das nun doch ein wenig zu übertrieben? Nun, die Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) und die Charta der Grundrechte der Europäischen Union sehen die Folter als verbotene Maßnahme an: „Niemand darf der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.“ Das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland fasst dieses Verbot in seinem ersten Artikel noch viel kürzer zusammen: „Die Würde des Menschen ist unantastbar.“

Das vom Europäischen Gerichtshof gesprochene Urteil zur Vorratsdatenspeicherung begründet deren Unzulässigkeit nun mit einem Verstoß gegen eben jene Charta der Grundrechte der Union, die auch Folter verbietet: die Richtlinie verstoße in Ausmaß und Schwere ihrer Grundrechtseingriffe gegen die in der Charta verbrieften Rechte auf die „Achtung des Privatlebens“ und den „Schutz personenbezogener Daten“.

Nehmen wir einmal an, Ziercke würde tatsächlich die Wiedereinführung der Folter nach amerikanischem Vorbild fordern – ein Aufschrei ginge durch die Bevölkerung. Mit seinen insistierenden Forderungen nach der Wiedereinführung der verdachts- und anlasslosen Vorratsdatenspeicherung (die für sich genommen durchaus etwas Manisches haben) fordert er aber ebenso ein Instrument, das gegen unsere verbrieften Grundrechte in der EU verstößt.

Der BKA-Chef Ziercke schert sich also nicht um Grundrechte der Bürger. Aber war das jetzt wirklich eine Überraschung für uns?

Es grüßt herzlich,

Ihr JL7

Dieser Beitrag wurde unter Allgemein, Politik abgelegt und mit , , , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.